Warm Duschen: Sechs Feldpostkarten aus den USA.

Über: Waffen - Härte - Wimpy Europeans

Der Frieden

Es gibt Leute, die sagen, der „Rocky Mountain Shooters Supply“ im schönen Fort Collins, Colorado, gehört zu den sichersten Orten auf der Erde. Über der Tür steht Guns – Guns – Guns. Und drinnen gibt es: Guns, Guns, Guns. Pistolen, Gewehre, Flinten, Büchsen, Knarren, Schießprügel, Bleispritzen und Wummen. Von der fast nicht mehr sichtbaren Damenkanone zum hinters Strumpfband klemmen bis zur Clint Eastwood-Gedenk-Magnum. Es trägt auch jeder eine am Gürtel. Wenn hier einer auf die Idee käme, Ärger zu machen, hätte der sehr schnell sehr viele Löcher. Continue reading

Stadt mit Bart

Über: Pferdekutschen - Friedrich-Engels-Bärte - taktische Nostalgie

Der Bart als phylogenetischer Restbestand unserer ehemaligen Vollbehaarung stellt evolutionär betrachtet eine spezialisierte Form der Körperbedeckung dar und signalisiert klaren Sexualdimorphismus. So steht es in Christina Wietigs Dissertation „Der Bart – Kulturgeschichte des Bartes von der Antike bis zur Gegenwart“, Hamburg 2005.

Die Pferdekutsche als Restbestand unserer ehemaligen Straßenverhältnisse stellt evolutionär betrachtet eine Verkehrsbehinderung dar und ethisch eine Tierquälerei, sie signalisiert aber klar Romantik und wird deshalb gegen alle Abschaffungsversuche verbissen verteidigt. Das steht so in noch keiner Doktorarbeit, kann allerdings so gut wie jeden Tag in der New York Times nachgelesen werden. Was Vollbart und Kutschen nämlich verbindet, abgesehen davon, dass beides Atavismen sind: Sie sind das, was die New Yorker im Moment über die Maßen beschäftigt – mehr als man das vielleicht vermuten würde in einer Stadt, von der die Welt sich eher das Neue erwartet, Trends, Moden, Zukunft. Ganz offensichtlich ist aber der modernste Trend, der von New York für die Zukunft ausgeht, das 19. Jahrhundert. Continue reading

Dead Poets Society: Whitney Biennial 2014

Über: zu viele Kuratoren - zu tote Künstler - Marcel Breuer

Seit 82 Jahren zeigt das Whitney Museum in New York jetzt regelmäßig seine Überblicksausstellungen zum jeweiligen Stand der Gegenwartskunst in den USA. Es hat hier Shows gegeben, die Superstars wie Pollock oder Koons hervorgebracht haben, und es gab solche, die als besonders politisch legendär wurden. Die Whitney Biennale von 2014 wird in erster Linie als die letzte in Erinnerung bleiben, die in Marcel Breuers Museumsbau auf der Madison Avenue stattgefunden hat. Und als die mit den meisten Kuratoren. Continue reading

I ♥? NY

Über: Loving and Leaving New York - Yogamatten - Joan Didion

Schön ist es, Verliebten zuzuschauen, rührend und ein bisschen schmerzlich, wenn man schon sieht, wie es enden wird.
An manchen Tagen hat man das Gefühl, sie stehen alle auf derselben Kreuzung: Prince und Broadway, zwischen Prada und Dean & Deluca, dem Grocery Store, in dem die Äpfel mit Wasserdampf und Vivaldi beregnet werden. Sie kommen die Treppe der Subway hoch oder von der Lafayette Street her, sie halten sich an Pappbechern mit Kaffee drin fest, und ihre Beine sind zwei Meter lang, auch wenn sie selber, sobald sie zu Hause die Pumps in die Ecke geschleudert haben, vielleicht nur 1,56 Meter sind; und dann schaltet die Ampel um, und sie donnern los, oder sie winken nach einem Taxi und haben dabei einen Ausdruck von Gereiztheit und Termindruck um die Lippen, der sie absetzt, absetzen soll von denen mit dem offenen Staunemund und den Touristentüten in der Hand: Ich bin nicht zum Spaß hier, Kinder, ich habe zu tun. Diese triumphale Betriebsamkeit ist der ortstypische Ausdruck für: New York ist der Ort Continue reading

Mein Nachbar Bill de Blasio

Über: Park Slope in Brooklyn - Chirlane McCray - Kale Chips ($6,99)

Bei Bill de Blasio brennt noch Licht. Das bedeutet, der Bürgermeister von New York wohnt nach wie vor in der Nachbarschaft. Diese Nachbarschaft heißt Park Slope, Brooklyn. Und darüber, was das wiederum bedeutet, gibt es in der Stadt eine Menge Klischees (am bündigsten zusammengefasst auf Youtube unter dem Stichwort „Shit Park Slope Parents Say…“). Diese sind, wie die meisten Klischees, nur zu ungefähr 98 Prozent vollkommen zutreffend.

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