Schlund

Über: Pegida - Dresden - Erich Kästner

Und plötzlich wartet man wieder auf eine Straßenbahn in die Innenstadt, wo eine Montagsdemo stattfinden soll, so wie damals, vor der Ewigkeit von 25 Jahren, als man auch schon kein kleiner Junge mehr war, aber doch immerhin noch ziemlich jung.

„Und plötzlich steht man wieder in der Stadt, in der die Eltern wohnen und die Lehrer und andre, die man ganz vergessen hat“, schrieb Erich Kästner mal in einem Gedicht mit dem Titel „Führung durch die Jugend“, und weil es eben ein Gedicht war, gab es auch einen Reim dazu: „Mit jedem Schritte fällt das Gehen schwerer.“ Kann sein, dass das an vielen Orten gilt. Aber da wo Kästner herkam, gilt es auf jeden Fall, denn über „das Glück, in Dresden aufgewachsen zu sein“, hat er zwar in seinen Kindheitserinnerungen ausführlich berichtet, aber wenn er als Erwachsener dahin zurückkehrte, im Roman oder im Gedicht, dann stand „der Fleischer Kurzhals“ immer noch vor seinem Haus und nickte zurück und sah verwundert aus: „Man kennt ihn noch. Er ist sich nicht im Klaren.“ Continue reading

UR in NYC

Über: Protestsongs für die Zukunft - Eric Garner - Berlin

Wenn die Techno-Pioniere von Underground Resistance an einem Sonntagnachmittag um 15:30 Uhr die Bühne betreten, hätte man früher in Berlin gesagt: Der Samstagabend im „Tresor“ neigt sich seinem Höhepunkt zu. Wenn das gleiche in New York passiert, ist es eine Sonntagnachmittags-Veranstaltung im Museum of Modern Art, Außenstelle PS1. In New York, in den USA generell, haben Auftritte des Kollektivs aus Detroit aber auch den wesentlich größeren Seltenheitswert. Im Sinne von: Es passiert faktisch nie. Und dieser Umstand ist alleine schon ein Grund dafür, dass es Bitteres und Ernstes zu besprechen gab an diesem Nachmittag. Continue reading

1 WTC

Über: Anna Wintour - das höchste Haus New Yorks - Irish Pubs

Diesen Montag Mittag konnte man Anna Wintour schon nicht mehr in ihrer Ecke im Lambs Club sitzen sehen.

Der Lambs Club in der West 44st Street, zwischen der Sixth und der Seventh Avenue, ist eines der besseren Restaurants von Midtown Manhatten. Vielleicht nicht unbedingt das allerbeste, aber dafür womöglich das schönste, ein Ballsaal des Art Deco; man könnte gut das Gesamtwerk von F. Scott Fitzgerald hier drin verfilmen. Ganz sicher ist – war – der Lambs Club jedoch dies: das Zweitbüro von Anna Wintour. Hier konnte man die gefürchtete Chefredakteurin der amerikanischen Vogue regelmäßig zum sogenannten Powerlunch einkehren sehen oder auch zum Power-Breakfast, zum Power-Tea und was es sonst noch für Mahlzeiten gibt, die sich mit geschäftlicher Machtausübung verbinden lassen. Aber das ist nun vorbei. Continue reading

NYC 25 Mph

Über: Speed - Wut - Driving Schools

New York hat seit letztem Freitag ein neues Tempolimit. 25 miles per hour. 40 Kilometer in der Stunde. Davor galt fünfzig Jahre lang 30 Mph. 48 Kmh.

Und?

Naja: Tempo war bisher eigentlich der stolze Mittelname von New York. Schon irgendwie erheiternd, wenn diese Stadt sich jetzt das Schleichen verordnet – theoretisch.

Aus der Praxis lässt nach der ersten Woche soviel sagen: Am spürbarsten ist hier bisher der Wind, den das befriedigte Kopfnicken derer macht, die immer schon dafür waren, sogenannte Raser streng an die Kandare zu nehmen. (Woher kommt eigentlich das Gefühl, dass in bestimmten deutschen Milieus gerade am allerbeifälligsten genickt wird?) In der Praxis war es eher so, dass man auch in dieser Woche froh sein konnte, wenn man überhaupt mit 25 Mph durch New York kam. Oft sind es tagsüber bestenfalls 10. Häufig eher 0. Continue reading

Ebola in New York City

Über: Fieber - keine Panik - doch Panik

„Take the A Train“, das ist dieser Jazz-Standard aus den Dreißigern, den Duke Ellington mit seinem Orchester bekannt gemacht hat. Einerseits. Andererseits ist es aber auch etwas, das jeden Tag Tausende von New Yorkern tun. Die Züge der U-Bahnlinie A fahren nach Harlem. Da kam der Jazz her, dort wohnten traditionell viele Schwarze. Dort wohnen auch heute noch viele Schwarze, aber inzwischen wohnt dort auch viel weißer Mittelstand. Junge Mediziner zum Beispiel, wie jener Doctor Craig Spencer, 33 Jahre alt, der bis vorletzte Woche noch für Ärzte ohne Grenzen in Guinea gearbeitet hat. Continue reading