Da, wo Julian Niccolini immer stand und manchmal auch sein Partner Alex von Bidder, da steht nun ein namenloses Jüngelchen und verkauft die Auktionskataloge. Kann er ja nichts dafür, das ist sein Job, und bestimmt ist es auch gar kein unansehnlicher Junge, aber trotzdem: Ein schöner Anblick ist das nicht.
Es ist Dienstagmittag, lunch time, es wäre exakt jetzt die Zeit, in der es drauf ankommt: Würde man einen Platz im Grill Room bekommen? Oder würde man von Niccolini oder seinem Partner von Bidder (oder von einem ihrer Unterlinge) rüber in den Pool Room geschickt werden. Bis heute gern erzählt in der Stadt: Wie der Hollywood-Agent Michael Ovitz mal zum Mittagessen in den Pool Room gesetzt wurde und daraufhin den Laden verklagte. Wegen des seelischen und finanziellen Schadens, den er erlitten habe. Am Abend, zur dinner time, drehten sich die Verhältnisse um, aber mittags galt der Pool Room als „Sibirien“, schreibt Graydon Carter im Auktionskatalog. Graydon Carter ist der mächtige Chefredakteur des auf Mächtige oder zumindest Reiche spezialisierten Magazins „Vanity Fair“. Als er das noch nicht war und zu den anderen Nobodys in den Pool Room verbannt wurde, fand er allerdings, dass dies das prachtvollste Sibirien der Welt sein müsse. Ein Riesenraum, sechs Meter hohe Wände und in der Mitte das große, viereckige Wasserbecken, in das als erste Sophia Loren hinein fiel, ganz aus Versehen, versteht sich. 1961 war das, also nur ein paar Jahre, nachdem Kollegin Anita Ekberg in „La Dolce Vita“ mit ihrem Tanz im Trevi-Brunnen vorgelegt hatte. Ein Jahr darauf sollte John F. Kennedy an diesem Pool seinen 45. Geburtstag feiern, bevor Marilyn Monroe im Madison Square Garden „Happy birthday, Mr. President“ hauchte – und was auch immer dann noch zwischen den beiden in jener Nacht geschah.
Und jetzt?
Jetzt möchte man sich in dem Gewässer am liebsten leise ertränken, um den Kummer nicht weiter mit ansehen zu müssen.
Auf dem Rand des Pools steht ein vergessenes Wasserglas, jemand hat seine Füße hochgelegt, und vorne murmelt ein müde gewordener Auktionator ein ums andere Set von Tellern, Gläsern und silbernen Brotkörben dem Zuschlag entgegen. Alles muss raus. Jedes Messer, jede Gabel, jeder Löffel. Auch die Aschenbecher, die nun schon so lange gar nicht mehr in Gebrauch gewesen sind. 1000 sind geboten, zwölfhundert, hör ich vierzehnhundert, SECHzehnhundert… Dieses gleichzeitig permanent aufregende und brutal einschläfernde Auktionatorengebrabbel füllt nun den Raum, der noch vor wenigen Tagen so etwas wie der Nachbarschaftstreff der Upper East Side war.
Noch steht „Four Seasons“ auf dem Baldachin über der Tür auf der 52. Straße, einmal in Richtung Park Avenue, einmal Richtung Lexington. Aber das Bronzeschild mit den vier Bäumen ist schon abgeschraubt. Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
So ein Baum muss auch ganz schön oft Abschied nehmen, von den Blüten, dem Laub, dem Schnee auf den Zweigen. Andererseits kann er sich darauf verlassen, all das in regelmäßigen Abständen wieder vorzufinden. Wir aber haben es hier mit der Situation zu tun, von dem Baum als solchem Abschied nehmen zu müssen. Von allen vieren. Die Schriftzüge auf dem Baldachin sind gleich als erstes an diesem Dienstagmorgen unter den Hammer gekommen, das eine für 12000 Dollar, das andere für 16000, obwohl sie identisch aussehen. Das Bronzeschild mit den Bäumchen war jemandem fast 100 000 Dollar wert. Plus 8% Steuer und 20% Gebühren. Das – Achtung! – vierzehnfache des Schätzpreises nach zehn Minuten Bietergefecht, vor allem über die Telefone. Dafür hat der Gewinner jetzt eine schöne Arbeit des Grafikdesigners Emil Antonucci. Man darf fast sicher sein, dass ihm dieser Name eher wurscht ist, denn es geht bei der Sache natürlich um den anderen Namen, den des berühmtesten Restaurants von New York.
Wer das „Four Seasons“ nicht kennt, denkt meist, man meine ein Haus der gleichnamigen Hotelkette. Die ist allerdings ein Jahr jünger, begründet 1960.
Wer das „Four Seaons“ kennt, leugnet wiederum oft, dass es ein Restaurant sei. Vielmehr handele es sich nämlich um eine Institution, befand zum Beispiel Henry Kissinger. Aber der ehemalige Außenminister hatte auch einen Stammplatz im Grill Room, mittags. Andere sagen, dass es wegen Leuten wie Kissinger (und Kennedy und Loren und heute Graydon Carter) eher etwas von einer Bühne habe, einem Theater, einem Showroom. Und in architektonischer Hinsicht trifft das sogar den Sachverhalt.
Ludwig Mies van der Rohe hatte dem Getränkekonzern Seagram Ende der Fünfzigerjahre ein elegantes Hochhaus als Konzernzentrale an die Park Avenue gesetzt. Phyllis Lambert, die Tochter des Firmenchefs, wollte das so. Lambert hatte natürlich auch ihren Stammplatz im Grill Room, mittags. Wenn man die alte Dame da interviewte, verstand man nicht unbedingt alles, weil ihre leise Stimme ein wenig unterging in dem Konzert der Lauten und Mächtigen, das die beiden Betreiber Julian Niccolini und Alex von Bidder da dirigierten. Aber die architekturgeschichtlich entscheidenden Worte hatte sie ohnehin schriftlich niedergelegt: „No, no, no, no, no!“ Fünfmal Nein in ihrem Brief an den Vater, der gern einen der üblichen New Yorker Angeber-Architekten engagiert hätte. Die Tochter setzte den deutschen Modernisten durch. Dem musste aber aus rechtlichen Gründen ein Amerikaner an die Seite gestellt werden: der junge Philip Johnson. Von Johnson stammen die beiden Pavillons, die links und rechts neben Mies’ Turm liegen wie Lungen vor der Wirbelsäule. Eigentlich sollten das Schauräume für Autos werden. Denn Konkurrent Frank Lloyd Wright hatte auch gerade einen Auto-Showroom in der Nähe gebaut. Als sich die Pläne für die Nutzung änderten, hatten Johnson und Mies – vor allem aber Johnson – sehr riesige und sehr gläserne Würfel zu einem Restaurant zu machen, das den traditionellen Plüsch- und Blattgold-Höhlen der gehobenen New Yorker Kulinarik etwas entgegensetzte. Und zwar etwas, das bitte einerseits streng hell und modern, gleichzeitig aber auch opulent und bequem sein sollte. Als dann im Juli 1959 Eröffnung gefeiert wurde, staunten selbst die blasiertesten New Yorker Snobs über die Kombination von Weite und Detailfreude, Licht und Materialien, Leichtigkeit und Gravitas. Nicht zu vergessen: die dauernde Wellenbewegung, die sanft von oben nach unten durch die Vorhänge rollte. Johnson in seiner Not, die Autohaus-Schaufenster irgendwie abzuhängen, hatte einfach dünne Glaskettchen reingehängt, im Prinzip: den Inbegriff von Tand. Dieser Wasserfall-Effekt, über den Johnson sich damals sehr geärgert haben soll, gilt vielen heute als einer seiner schönsten Einfälle.
Das Seagram Building ist längst unter Denkmalschutz gestellt, das Restaurant auch. Leute, die in der Mies’schen Moderne so etwas wie unsere Antike sehen, waren deshalb einigermaßen sicher, dass alles für immer so bleiben würde, als das Seagram Building eines Tages verkauft wurde. Der jetzige Besitzer heißt Aby Rosen, stammt aus Frankfurt am Main, ist Jahrgang 1960, und hat offensichtlich einen weniger strikten Denkmalschutzbegriff. Ganz offensichtlich fand er zum Beispiel nicht, dass zwingend auch die Küche und die Klientel vor Modernisierungen zu bewahren seien. Denn das Durchschnittsalter der Gäste lag deutlich über sechzig, und als das Essen hier als revolutionär galt, waren die alle noch jung.
Auch ein paar Umbauten, als sparsam angekündigt, standen auf einmal im Raum. Ach so, und eine Verdreifachung der Miete auf rund drei Millionen Dollar im Jahr.
Mit Niccolini und von Bidder, die hier als Kellner angefangen hatten, bevor sie den Laden Ende der Siebziger selbst übernahmen, hatte Rosen ein paar Dispute deswegen. Dann kündigte er an, ihren Vertrag nicht zu verlängern. Er möge Niccolini und von Bidder, aber deren Zeit sei vorbei, und manchmal müsse eben auch etwas Großartiges enden. Junge Leute sollten übernehmen, Mittdreißiger aus Downtown, frischer Look und so weiter. Und das, sollte sich den überraschten New Yorkern nach und nach offenbaren, heißt auch dies: frischer Name und frische Einrichtung.
Denn Niccolini und von Bidder nehmen bei ihrem Rausschmiss ihr Restaurant einfach mit. Wer sich in New York allerdings das Four Seasons ohne das Seagram Building vorstellen kann – und umgekehrt -, der glaubt auch an die Existenz des kopflosen Reiters in den Wäldern von Sleepy Hollow. Mitten in diesen Schock kam dann gleich der zweite: Der Bestandsschutz umfasst nur die Architektur, aber nicht das Mobiliar.
Dass jetzt praktisch alles versteigert wird, was nicht fest mit der Wand verschraubt oder angeleimt ist, kann man also gleichermaßen als ein Fest der Befreiung wie der Rache lesen. Potlatsch haben die Indianer zu so etwas gesagt, heißt es. Große, reinigende Wertvernichtungsfeierlichkeiten. Vielleicht schiebt man ihnen das aber auch nur in die Schuhe.
Entsprechend ist jedenfalls die Stimmung.
Nicht gelöst, sondern eher aufgelöst, verkorkst, verkatert und hochgradig irrational.
Wieso geht ein Hocker, den Philip Johnen für den Grill Room entworfen hat, für 3250 Dollar weg, und der nächste, identisch, kaum weniger abgenutzt, für 11 000?
Da drüben, in der Nische ganz rechts, hat er immer gesessen, jeden Mittag seines sehr, sehr langen Restlebens. Das ist eine Leistung eigenen Rechts, die in der Philip-Johnson-Literatur nie genug gewürdigt ist. Und jetzt ist seine selbst entworfene und selbst durchgesessene Eckbank da auch schon verkauft, mit Tisch für 28 000 Dollar. Die Nachbarsitzecken bringen sonderbarerweise fast alle viel mehr.
Man kommt die Treppe hoch und zumindest im Grill Room, das ist derjenige der beiden Pavillons, in den die Eingangstreppe mündet, steht alles noch so weit an seinem Platz wie beim letzten sogenannten Power Lunch. Bei einem Power Lunch sitzt Geld am Tisch, geht Geld über den Tisch, werden Geschäfte gemacht und nebenbei wird Lachs oder Ente oder Salat in Kehlen geschaufelt. Diese Tische sind, sozusagen, millionenschwer, und jetzt kann man sie für 800 Dollar das Stück haben. Dafür bringen die Barhocker, die Johnson zusammen mit Mies van der Rohe entworfen hat rund 7000 Dollar das Stück.
An der Bar, diesem alten, herrlichen, Bermuda-Viereck, wird tatsächlich noch ausgeschenkt. Es gibt Rotwein, Weißwein, Cola und Wasser.
Der Barkeeper sagt: 19,39 Dollar bitte.
Eine schwere Frau sagt: Ich dachte, den Rotwein gibt es heute gratis.
Da lacht der Barkeeper vom Four Seasons an seinem letzten Arbeitstag aber herzlich.
und die Frau watschelt ohne Wein zurück in den Auktionsraum. Man würde mal tippen: Eher Schnäppchenjäger aus dem Antiquitäten- und Ramschhandelsbereich als alter Stammgast.
Waren denn gleich morgens wenigstens ein paar von denen da, die hier immer gegessen haben?
Der Barkeeper schüttelt seine Hände vage in der Waagerechten. Höflich sagt er: Es ist halt heiß heute. Soll heißen: Die sind natürlich überwiegend in ihren 28-Schlafzimmer-Ferienhäuschen auf Long Island geblieben.
Klar ist es heiß. Da draußen hat es ungefähr 1000 Grad Celsius und die Luftfeuchtigkeit beträgt eine Million Prozent; so ist der Sommer in Manhattan nun einmal. Und dabei braucht von East Hampton mit dem Hubschrauber doch nur eine halbe Stunde.
Aber Nostalgie muss man offensichtlich nicht zwingend vor Ort ausleben. Nostalgie funktioniert offensichtlich auch mit der App des Auktionshauses über das Telefon. Man kann sich ganz gut vorstellen, wie sie da an ihren Pools liegen, während sie in die Auktion im Pool Room hineinfunken und mit ihrer Nostalgie jeden einzelnen Teller auf Preise um die 800 Dollar hochbieten. Nicht dass das für diese Leute spürbar Geld wäre. Aber es sind halt andererseits auch lediglich: gebrauchte Teller.
Brno-Stühle von Mies van der Rohe, auf denen immerhin etliche Rockefellers und die alte Brooke Astor mit ihren Milliardärshinterteilen herumgerutscht sind, haben da weniger stramme Wertzuwächse.
Man könnte die ganze Veranstaltung lang auch einfach an der Bar im Grill Room sitzen bleiben, in dem schönen Gefühl, dass man nur 350 Glas Rotwein trinken muss, und man hat den Wert des Hockers drin, auf dem man dabei sitzt.
Das noch viel spirituellere Erlebnis hat man aber in dem anderen Saal, am Pool, wo der Auktionator nun für den Rest des Nachmittags und Abends das komplette Küchengeschirr nach Entwürfen von Garth und Ada Louise Huxtable durchmurmelt als wäre es ein Sketch von Monty Python’s. Ada Louise Huxtable war eigentlich die Architekturkritikerin der New York Times, man fragt sich, wie sie noch zum Schreiben gekommen ist, wenn sie mit ihrem Mann dermaßen viele Kellen und Platten und Schalen und Servierwagen entwerfen musste. Irgendwo ab Los Nummer 562 (Brotkörbe aus Silver) tragen einen Gedanken da langsam raus.
Und zwar hierhin:
Hat Herr Rosen nicht absolut Recht, wenn er dem Neuen eine Bahn bricht in seinem Haus? Irgendwann wäre die alte Stammkundschaft des Four Seasons schließlich dermaßen uralt gewesen, dass sie über ihren ebenfalls sehr, sehr alten Lieblingsgerichten zu Staub zerfallen wäre wie Motten, und wenn das Four Seasons kein Geld mehr verdient, dann wird es auch für ihn als Vermieter schwierig, während unten in Downtown, im East Village wie im West Village, ein Scheißgeld verdient wird an jungen, lebenshungrigen Leuten, die ihren Tinder-Dates die verwegensten Neuinterpretationen von Omas Pasta in den Mund füttern, während sie unter dem Tisch schon das nächste Tinder-Date klarmachen.
Einer der jungen Gastronomen, die Rosen jetzt als Nachfolger verpflichtet, hat schon angekündigt, dass er die alten Speisekarten aus dem Four Seasons neu interpretieren wolle. Vor allem die ganz frühen. Er wolle vor allem „mit den Kennedy-Jahren herumspielen“.
Vielleicht haben die ja Recht. Vielleicht ist das die Zukunft, und die Zeit von Niccolini und von Bidder ist vorbei.
Früher, zu seiner Zeit, galt der Italiener Niccolini wahrscheinlich als Schelm und Schürzenjäger, als Belami wie die Literati sagen.
Die Twitterati von heute reden eher von einem Hang zu sexuellen Übergriffigkeiten.
Sein Partner von Bidder wiederum ist die Art von zweireihigem Nadelstreifenschweizer, die lange dem Wort Bankgeheimnis ein Gesicht haben.
Kann sein, dass das mal eine ideale Kombination war. In den Lokalen von Downtown besteht die noch idealere Kombination auf diesem Posten aus Muskeln, Bärten, Tätowierungen, Brüsten und Ärschen.
Braucht man noch Handtaschen-Ablage-Hocker? Eine „Ladies Lounge“ heißt und eine ganze Batterie Stühle vor beleuchteten Schminkspiegeln bereit hält? So richtig im Einklang mit der zeitgenössischen Debatte über „All-Gender-Toiletten“ ist das jedenfalls nicht. Vielleicht wären bei der Neumöblierung Steckdosen fürs Telefon gut. Und Pokemon-Go-Sammel-Schälchen. Und bereits vor-instagrammisiertes Essen. Es wird, klagen viele Köche, immer so viel kalt über das viele Fotografieren…
Dann jedoch, ab ungefähr Los Nr. 587 (Austern-Geschirr, vernickeltes Silber), türmen sich auch ein paar Einwände.
Hatte es nicht immer auch seinen Sinn, dass es Downtown heißt und Uptown. Unten und Oben. Und seinen Reiz? Hatte der Autor dieser Zeilen nicht vor ein paar Monaten noch eine junge Frau getroffen, 23 Jahre alt vielleicht, die erzählt hat, sie gehe zum Trinken gern sonstwohin, aber zum Essen lieber in „Erwachsenen-Restaurants“. Also in Lokale mit Obern in weißen Sakkos und Servierwagen. Statt in solche, wo dein Kellner aussieht wie ein Hell’s Angel, das Bier in Einweckgläsern bringt und die Hauptgerichte nuschelnd auf die Tischdecke schreibt. Das Four Seasons war in diesem Sinne eigentlich immer ein sehr erwachsenes Restaurant: ein Ort, an dem man auch als jüngerer Mensch durchaus in etwas größeres und älteres hineinwachsen konnte, zumindest für einen Abend. Man musste nur sehr viel Geld einpacken, aber man wurde auch als Nobody freundlich begrüßt und mittags durchaus auch in den Grill Room gesetzt, wenn Platz war, und nicht nach Sibirien. Das Essen war möglicherweise manchmal ein Witz gemessen am Preis, aber in Wahrheit war natürlich der Preis der Witz an der Sache. Man hatte dann das Gefühl, dass man für die Dauer eines Essens wirklich da war. In New York. Im Zentrum. In den Herzkammern des Kapitalismus. Wie auch immer man den findet. Aber man fand ihn hier wenigstens.
Dieses Gefühl haben schon viele so ähnlich beschrieben. Sogar Graydon Carter im Vorwort zum Auktionskatalog.
Und diesen Ort, dieses Zentrum, diesem Kern wird es in New York nun nicht mehr geben. Es wird ein neuer Ort daraus werden. Einer, der diese alten Tatsächlichkeiten hier und da aufgreifen wird und ironisch an sich selber herumspielt. Das kann ganz hübsch werden. Das wird bestimmt auch schmecken. Aber es ist nicht dasselbe.
Der Mann, der unten die Glastür aufhält, sagt zu einem Bekannten, der gerade vorbeikommt: Wenn diese Auktion vorbei und alles ausgeräumt ist, bin ich weg.
Es wird bis 0:15 Uhr dauern in dieser Nacht. Dann fällt der Hammer für das letzte Los. Vier Ledermäppchen, in denen einst die Rechnungen serviert wurden. Schätzpreis zusammen: 100-150 Dollar. Zuschlag bei 1400. 350 Dollar pro Stück. Deutlich weniger, als man nach einem Abendessen durchschnittlich reinlegen musste. Es gibt kurz einen erschöpften Applaus. Und dann ist eine 57 Jahre lange Geschichte vorbei.
PETER RICHTER
Eine Version dieses Textes erschien zuerst Ende Juli 2016 unter dem Titel „Mad Men“ auf der SEITE DREI der Süddeutschen Zeitung.