Tijuana und die Mauer

Über: Die Mexikogrenze - Botox - Horror

Die Grenze ist in die eine Richtung eine Drehtür, und in die andere ist es eine Warteschlange. In die eine Richtung geht alles sehr, sehr schnell. In die andere dauert alles sehr, sehr lange. (Im Sinne von: SEHR, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr lange.)

Es gibt nun Leute, die sagen, dass eine Grenze sich auflöst, wenn man nahe genug ran geht und lange genug draufschaut. Aber die Mauer, die Zäune, die Stacheldrahtrollen und die Drehtür machen es schon so digital wie möglich: Null oder Eins, drinnen oder draußen, USA oder Mexiko. Es gibt bei dieser stählernen Drehtür den Moment, wo kein Zurück mehr möglich ist; nur das zählt. Und von einem Augenblick auf den anderen ist alles anders, sieht anders aus, riecht auch anders. Eben noch: weiß lackierter Stahl und die schwarzen Rundaugen der Überwachungskameras. Jetzt: Behelfswände aus Holzfaserplatten, Buden, Staub, Menschen. Aber eine Passkontrolle? Continue reading

Little Russia, Brighton Beach

Über: Russland - die Ukraine - einen Strand in Brooklyn

Du nimmst von Manhattan aus die U-Bahn-Linie Q, fährst nach Brighton Beach und bist in einem anderen Land, musst allerdings trotzdem mit Dollars bezahlen. Im Restaurant Gambrinus am Ocean Parkway tun die Kellner zum Beispiel so, als befänden wir uns auf dem Panzerkreuzer Potemkin: Sie tragen Matrosenhemden und wirken außerordentlich gefechtsbereit. Nicht alle sprechen Englisch, die wenigsten sprechen überhaupt besonders viel, und schüchternes Schulrussisch ändert an der insgesamt eher einschüchternden Gebärde, mit der sie einem den Borschtsch hinstellen, auch nicht wirklich was. Das trinkgeldgeile Kellnergrinsen überlässt man im Gambrinus selbstbewusst dem großen Rest Amerikas.

Hier soll es nun neulich ein kleines Gerangel gegeben haben zwischen Anhängern der ukrainischen Sache und ein paar Burschen, die das St.-Georgs-Band trugen, orange-schwarz gestreift, aus dem Zarenreich herübergewachsenes Symbol russischer Tapferkeit. Erzählen manche. Andere wiederum sagen: Ach was. Im Moment geht die Tendenz der Meinungen zu: Ach was. Continue reading

Bomber-Alarm bei Barney’s

Über: eine Mode-Epidemie - Rabauken-Kulturen - die Lederjacke als Kampfharnisch

Bomberjacken. Auf einmal gibt es nur noch Bomberjacken. Es ist schon ein bisschen beunruhigend, wenn es in der Designermode-Abteilung von Barney’s in New York plötzlich aussieht wie früher beim Hoolywood in der Schönhauser Allee um die Ecke vom Berliner Jahn-Sportpark. Denn das sind die Orte, wo solche Jacken bis vor kurzem noch zu Hause waren. Continue reading

Warm Duschen: Sechs Feldpostkarten aus den USA.

Über: Waffen - Härte - Wimpy Europeans

Der Frieden

Es gibt Leute, die sagen, der „Rocky Mountain Shooters Supply“ im schönen Fort Collins, Colorado, gehört zu den sichersten Orten auf der Erde. Über der Tür steht Guns – Guns – Guns. Und drinnen gibt es: Guns, Guns, Guns. Pistolen, Gewehre, Flinten, Büchsen, Knarren, Schießprügel, Bleispritzen und Wummen. Von der fast nicht mehr sichtbaren Damenkanone zum hinters Strumpfband klemmen bis zur Clint Eastwood-Gedenk-Magnum. Es trägt auch jeder eine am Gürtel. Wenn hier einer auf die Idee käme, Ärger zu machen, hätte der sehr schnell sehr viele Löcher. Continue reading