Wie ich mal bei Günther Jauch saß…

Über: falsche Antworten - Augenbrauen - die ARD-Quoten am Sonntag

Wenn es stimmt, was die Leute auf Twitter erzählen, müssen die Sendungen mit Günther Jauch zuletzt qualvoll gewesen sein. In der mit Sicherheit qualvollsten aller Zeiten aber saß einst ich, ich war der Grund für die Qual. Es war 2011, und wenn man „die Sendung mit Günther Jauch“ sagte, dachten die Leute meistens noch eher an seine Quizshow auf RTL, bei der man Millionär werden kann. Dort hätte ich zwar vermutlich auch keine bessere Figur gemacht, sondern wäre, die späten Fragen zu Geschichte oder Geografie freudig im Blick, schon ganz am Anfang über irgendeine Scherzfrage gestolpert, und Jauch hätte dann ganz verwundert über so viel Dummheit auf seine Jauch’sche Art die Augenbrauen hochgezogen, aus Solidarität selber dumm guckend. Wir haben aber exakt dieses Programm dann einfach in seiner anderen Sendung durchgezogen, der Talkshow am Sonntagabend. So groß ist der Unterschied zwischen den beiden Formaten nämlich gar nicht.

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Pentecostal Mosh

Über: christlichen Metalcore - Ringelreigen - das Schockeln

Für die meisten New Yorker war dieses Pfingstwochenende nicht das Pfingstwochenende, sondern das Memorial Day Weekend. Und für die meisten von denen wiederum lag die Hauptbedeutung dieses maximal ökumenischen Feiertags nicht einmal in der Ehrung amerikanischer Kriegsveteranen, sondern im Angrillen und Sonnenbaden, in monströsen Staus und verdoppelten Übernachtungspreisen auf Long Island; Memorial Day ist der Beginn der Sommersaison. Das heißt aber nicht, dass nicht auch angemessen der Ausschüttung des heiligen Geistes gedacht worden wäre in den vielen verschiedenen Kirchen von New York. Die Anzahl der Konfessionen, Abspaltungen, Untergruppen und Sekten ist ja kaum zu überschauen. Und so kam es, dass am Freitagabend auch ein paar Hundert pfingstlich Gestimmte vor der Bühne vom Irving Plaza standen, dem alten Rock’n’Roll-Palast beim Union Square, denn siehe: „Haste The Day“ waren wieder auferstanden nach Jahren der Trennung.

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Renzo Pianos neues Whitney Museum

Über: Unsicherheit - Wände - Dünnhaar

Im Frühjahr 1986 kokste sich der mit der Darstellung eines masturbierenden Vorstadtjugendlichen bekannt gewordene Maler Eric Fischl durch die Vernissage seiner eigenen Retrospektive im Whitney Museum of American Art, stieg anschließend ins Auto und fuhr von Uptown, wo die Museen saßen, in Richtung Downtown, wo damals New Yorks Künstler zu Hause waren. Er war gerade 38, eine vom wichtigsten Museum für amerikanische Kunst geadelte Berühmtheit, die der „Vanity Fair“ sechs Seiten wert war, und er ahnte, so schreibt er in seiner Autobiografie „Bad Boy“, dass soeben ein epischer Fall ins Nichts begonnen hatte: Hinter dem Columbus Circle kam es zum Verkehrsduell mit einem anderen New Yorker Brüllaffen, irgendeinem Geldmenschen, der den berauschten Künstler exakt auf dem Höhepunkt seiner Karriere wissen ließ, er sei offensichtlich ein Niemand, „a big fuckin’ nobody.“ Continue reading

„Latin America in Construction“ im MoMA

Über: Beton - Porosität - Entwicklung

Wie lange ist das jetzt her, dass der Künstler Alfredo Jaar den New Yorkern mit einer Leuchtreklame auf dem Time Square mitgeteilt hat, dies hier sei nicht Amerika – und dazu leuchteten erst die Umrisse der USA auf und anschließend, zur Richtigstellung, der ganze Rest des Doppelkontinents? Fast dreißig Jahre. 1987 war das. Geholfen hat es aber wenig. Immer wieder wachsen in den Vereinigten Staaten ganze Generationen nach, die, nennen wir es mal: irritiert darauf reagieren, dass es da draußen ganze Völker gibt, die ebenfalls den Anspruch erheben, Amerikaner zu sein und zwar durchaus auch im Sinne von: Neue Welt, Lobor einer freieren Zukunft. Continue reading