Lächeln und Zähnefletschen

Über: passive aggressive - active agressive - Donald Trump

Mike und Stephanie schauten aus ihrem Selfie wie zwei Zeugen Jehovas auf Marihuana, gesehen durch einen Türspion. Auch ihre Beschreibung des Hauses grinste und giggelte mit jeder Zeile. „Charmante Künstlerbleibe in den Hügeln von Los Angeles…“ In den Kommentarspalten kicherten frühere Gäste und reckten die Daumen. Wer das Land des Lächelns immer noch in China vermutet, kennt entweder China oder Air B’n’B nicht. Wer wiederum Air B’n’B nur als Vermittler von Ferienwohnungen begreift, übersieht, dass die Seite, jedenfalls in ihrem Heimatland, auch eine einzige Wiederaufbereitungsanlage für die alte amerikanische Kulturtechnik der Süßholzraspelei ist. Kein Profilbild ohne an die Ohrläppchen geleimte Mundwinkel. Und kaum eine Bewertung ohne das euphorischste Lobwort, das Amerikaner heute kennen: awesome. Ursprünglich bedeutete das zwar mal „grauenerregend“, aber Continue reading

Inauguration

Über: Bikers for Trump - Deplorables - Women's March

Gibt es etwas Gemütlicheres als den Anblick eines Menschen, der Qualm aus einem Stumpen nuckelt?

Es ist nur so, dass Matt Sisson seine Zigarre in Sichtweite des Capitols in Washington raucht, während Donald Trump dort den Amtseid ablegt. Und Gemütlichkeit ist genau nicht das, was die amerikanische Hauptstadt rund um dieses Ereignis auszeichnet. Continue reading

MIAMI WEISS

Über: Alan Faena - Löcher im Kalk - Fische auf der Straße

Das Beste kommt noch, sagt der Mann in dem sehr weißen Anzug: Folgen Sie mir mal nach oben. Und dann folgt man dem weißen Anzug mal mit nach oben, und da oben, von einer Terrasse aus, liegt es vor einem: das Meer. Herrlich, nicht?

Ein paar Wochen davor hatte es diesen Riesenvollmond gegeben, Super Moon haben sie ihn genannt, und man hat ja in der Schule gelernt, was schon der normale Mond mit dem Meer macht. Beim Super Moon stand das Meer in den Vorgärten und war nicht herrlich. Autos schwammen durch die Straßen. Continue reading

Interview mit Tom Wolfe

Über: LSD - Krawatten - Kommunisten

Der Fahrstuhl hält fast ganz oben, pling: und dann steht da tatsächlich Tom Wolfe und trägt… na was wohl? Auch mit 85 kleidet sich der Mann unbeirrt wie ein Plantagenbesitzer, den es aus den Südstaaten in die große Stadt verschlagen hat. Sein Anzug ist so ausgesucht weiß wie seine RADO-Uhr und seine Haare. Der Rücken ist schon ziemlich schief mittlerweile. Wolfe sieht ein wenig aus wie Master Yoda, wenn er so von unten her leise kichernd mit einem redet. Sofas, in denen man versinkt. Definitiv kein Bauhaus-Geschmack. Upper East Side Plüsch. Überall Plakate von Hutfirmen. Am halbrunden Schreibtisch: Lampenschirme als Borsalinos. Der Anlass des Besuchs liegt auf dem Couchtisch: Sein legendäres Buch „Electric Kool-Aid Acid Test“ von 1968 ist vom Taschen Verlag als Prachtband neu aufgelegt worden. Wolfe blättert durch eines der Exemplare; er zeigt die wunderbaren Fotos, alle in schwarzweiß, denn Farben sahen ja schon die LSD-Jünger, um die es geht, mehr als genug. Er zeigt eine Zeichnung von Ken Kasey, sagt „typisch für die Ära!“ und „psychedelisch“ und „jede Menge Kreisel“, und er sagt: „Sie haben es so dermaßen exakt reproduziert, es ist verblüffend.“

Zeit, die harmonische Stimmung ein bisschen aufzukratzen.

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Die Bombe von Chelsea

Über: Ahmad Khan Rahami - Bill de Blasio - Smartphones

Und dann auf einmal auf dem Handybildschirm das hier: „Emergency Alert. now.“

Warndreieck mit Ausrufezeichen. Und: „WANTED: Ahmad Khan Rahami, 28-yr-old male.“ Man solle die Medien konsultieren für ein Bild von dem Mann, und wenn man ihn gesehen hat, solle man 911 anrufen, den Polizeiruf. Continue reading